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Ein kleines Mädchen. Vielleicht sechs Jahre alt. Erst schießt sie. Mit Legosteinen. Dann tanzt sie. Schließlich schweigt sie. Legt sich hin. Spricht nicht mehr. Zieht sich in sich selbst zurück. Schaut ins Leere. Ist nicht mehr ansprechbar. Den ganzen Tag über. Liegt da in einem U-Bahnschacht. Irgendwo in Charkow. Das kleine Mädchen ist traumatisiert. Schützt sich. Alles was bisher ihre Welt war, ist weg. Keine Sicherheiten. Und Erwachsene, die ihr bisher Bindung und Halt gaben, wissen selbst nicht, wohin mit der eigenen Angst. Todesangst.

Ein Kind. Unter Tausenden. In der Ukraine. Es sind vor allem Kinder, die unter den Bombardierungen von Wohnhäusern, Hospitälern, Schulen, Kindergärten und Spielplätzen leiden. Ob in Kiew und Charkow oder Aleppo und Homs. Traumatisiert. Ob in der Ukraine oder Syrien. Sie sind die wehrlosen und unschuldigen Langzeitopfer der modernen Kriegsführung.

Mit unserem Leylaprojekt versuchen wir, traumatisierten Kindern und ihren Müttern im Nahen Osten zu helfen. Ich bin bewegt über das große Echo, das das Leylaprojekt bei geflüchteten Menschen im Libanon und in Jordanien gefunden hat. Es freut mich, dass es inzwischen Anfragen gibt, ob das Leyla-Traumakonzept nicht auch eine Möglichkeit wäre, jesidischen Kindern und ihren Müttern aus dem Irak beizustehen. Ein großer Fachkongress in den USA beschäftigte sich im Herbst mit dem Ansatz des Leylaprojekts. Ich bin überzeugt, dass das Leyla-Traumakonzept auch für die wachsende Zahl traumatisierter Kinder aus der Ukraine in ihrer seelischen Not eine Hilfe sein kann.

Ich bin beeindruckt über die vielen Förderer, die das Leylaprojekt bisher unterstützt haben: Firmen, Kirchengemeinden und Einzelpersonen – sogar eine Hochzeitsgesellschaft sammelte für das Projekt. Im Juli 2021 begannen wir mit einem Start-up. Inzwischen sind es über 50.000 Euro, die zusammengekommen sind. Danke! Wir bleiben dran. Kinder sollen wieder tanzen. An der frischen Luft. Und von Herzen sich freuen. Ob in Kiew oder Charkow. Ob in Aleppo oder Homs.

Michael Borkowski